BRAWO GROUP Jahresbericht 2023

regional verlagert hat. Aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wie bei einem persönlichen Verlust der Schmerz von Woche zu Woche weniger wird, war auch das Thema irgendwann nicht mehr so vordergründig. Der Schlaf wurde besser, man hat sich wieder an den Arbeitsalltag gewöhnt und andere Fokusthemen bearbeitet. Aber die latente Gefahr war immer im Hinterkopf. Und ein Jahr später kamen die Erinnerungen mit einer nicht weniger werdenden Brutalität zurück: Die Filiale Lengede wurde mindestens genauso hart getroffen wie alle anderen Filialen auch.“ Stefan Honrath: „Wir hatten gehofft, dass es vorbei ist. Aber wir haben uns niemals sicher gefühlt – auch vor dem Hintergrund, dass wir nicht erkennen konnten, dass in der Fahndung so wirksame Maßnahmen zum Einsatz kamen, die die Hoffnung auf eine Zerschlagung der Banden erlaubten.“ Bitte führen Sie dies einmal aus. Stefan Honrath: „Die Polizei tut, was in ihren Möglichkeiten steht, davon bin ich überzeugt. Überzeugt bin ich nicht davon, dass der Polizei von politischer Seite alle Möglichkeiten gegeben werden, die sie braucht. Die Polizisten vor Ort sind Extrastreifen gefahren, sind hochgradig aufmerksam, tun alles, um die Gefährdungslage zu reduzieren. Wenn wir es aber mit internationaler Kriminalität zu tun haben, die Hoheit deutscher Ermittlungsbehörden jedoch an der deutsch-holländischen Grenze endet, stehen wir vor dem ersten Problem. Mittlerweile wissen wir, dass jegliches Verbreiten von Optimismus über die In Groß Ilsede gestaltete sich die Suche nach einer Übergangslösung schwierig und langwierig. Umso größer war die Freude und Erleichterung, als das Team um Rainer Falkenhagen Anfang 2024 wieder in die Räumlichkeiten der Gerhardstraße ziehen konnte. waren am nächsten Tag an ihrem Ersatzarbeitsplatz wieder im Dienst. Darauf sind wir unglaublich stolz.“ Stefan Honrath: „Alle standen mit unglaublicher Loyalität zu unserem Haus und haben die Geschehnisse mit Fassung getragen. Hinter all den bedrückenden Erfahrungen gab es eine ganz besondere: die extrem gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit über alle Hierarchieebenen in der Bank.“ Vier Sprengungen ereigneten sich binnen sieben Monaten kurz hintereinander. Wie war Ihre Gefühlslage in dieser Zeit? André Bonitzke: „Aus meiner persönlichen Erfahrung: Ich konnte einfach schlecht schlafen. Der Körper wurde in der Hochphase automatisch zwischen 4 Uhr und 5 Uhr nachts wach und der erste Griff ging direkt zum Handy. Dieses Gefühl der permanenten Bedrohung war alles überlagernd. Meine Gedanken kreisten ständig darum: Wen trifft es als Nächsten? Wann passiert es? Und: Hoffentlich passiert beim nächsten Mal nichts Schlimmeres.“ Zwischen der Sprengung in Gadenstedt am 26. Juli 2022 und der Sprengung in Lengede am 18. Oktober 2023 lag mehr als ein Jahr. Kam es hier gewissermaßen zu einem trügerischen Aufatmen? André Bonitzke: „Natürlich haben wir weiterhin die Presse verfolgt und gemerkt, dass das Thema sich nur 50 |51

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